Das dachte sich zumindest eine gewiefte Frau (Mitte 50) aus Hamburg. Aber fangen wir von vorne an.
Ich wurde vom Betreuungsgericht für einen älteren Herrn (Ende 70) zum Berufsbetreuer bestellt. Angeregt hatte die Betreuung seine Ehefrau, die auch gleich ein ärztliches Attest vorgelegt hatte. Die sich daraus ergebende Diagnose: Korsakow-Syndrom. Die Fähigkeit zur freien Willensbildung sei beeinträchtigt. Das Ziel: Eine geschützt-geschlossene Einrichtung, möglichst auf demenziell veränderte Menschen eingerichtet, so lange wie möglich.
Der Betroffene war damit nicht einverstanden. Und er versuchte in einem Krankenhaus — in dem er inzwischen behandelt wurde — alles, um auch Dritte davon zu überzeugen, dass er durchaus noch Herr seiner Sinne sei. Das reichte zumindest dafür, die zuständige Betreuungsrichterin, die sich zunächst entschieden hatte, die Ehefrau des Betroffenen zu ehrenamtlichen Betreuerin zu bestellen, zweifeln zu lassen. Sie bestellte mich daher neben der Ehefrau zum Berufsbetreuer.
Ich besuchte den Betroffenen daraufhin im
Krankenhaus. Das Gespräch war völlig geordnet möglich. Die Geschichte, die mir der Betroffene erzählte, durchaus — zumindest in gewisser Weise — filmreif. Die Ehefrau, immerhin 25 Jahre jünger, hatte seit einiger Zeit eine Liebschaft. Der Betroffene war in die Jahre gekommen und pflegebedürftig. Er hatte — so schilderte er es zumindest — aus Frust das eine oder andere Mal etwas über den Durst getrunken. Eine Scheidung schien zu kompliziert und auch zu teuer. Die Idee, den Betroffenen langfristig unterzubringen, war geboren. Hätte auch eigentlich ganz gut funktioniert, wäre ich nicht als Berufsbetreuer dazwischen gekommen.
Inzwischen hat das Betreuungsgericht die Ehefrau wegen Interessenkonflikten aus der Betreuung entlassen. Für den Betroffenen konnte eine betreute und selbstverständlich offene Wohnform gefunden werden, denn zurückkehren zu Ehefrau in das häusliche Umfeld wollte er dann auch nicht mehr.
Eine Geschichte, wie sie nur das Leben schreibt. Was wir daraus lernen können? Augen auf bei der Partnerwahl. Dein Partner könnte irgendwann auch dein rechtlicher Betreuer sein. Oder neuerdings in den Genuss des Ehegattennotvertretungsrechts kommen.
Mit dem Fall wird sich jetzt nicht nur das Betreuungsgericht befassen, sondern auch das Familiengericht. Der Betroffene möchte sich scheiden lassen. fs